22. März 2022

Hochvoltverteilsysteme und Schnellladeschnittstellen

Originaler Artikel im E-Mobility Magazin: Website E-Motec

Verbindung der wichtigsten Komponenten in Elektrofahrzeugen für schwere Nutzfahrzeuge

Die Elektrifizierung von Fahrzeugen ist definitiv auch im Off-Road-Bereich angekommen. Doch im Gegensatz zum Strassenverkehr gibt es im Off-Road-Sektor eine grössere Vielfalt an Geräten - von elektrischen Rüttelplatten bis hin zu 55 Tonnen schweren Drehbohrgeräten ist alles dabei. Aufgrund der uneinheitlichen Anwendung und des relativ kleinen Kundenstamms pro Fahrzeugtyp ist es jedoch schwieriger, die Grössenvorteile zu erzielen, die ihre Gegenstücke auf der Strasse haben, und das ist ein Schlüsselfaktor, wenn es um die Elektrifizierung von schweren Nutzfahrzeugen geht. Hindernisse wie die schiere Grösse des Fahrzeugs und der Energiebedarf, die Ladeinfrastruktur, die grosse Bandbreite und Intensität der Betriebszyklen und die Länge der Ausfallzeiten für das Aufladen haben dazu geführt, dass die Elektrifizierung von Off-Road-Fahrzeugen nur langsam in Gang kommt. Bessere Leistung, Kontrollierbarkeit und Flexibilität sowie geringere Wartungskosten werden jedoch eine wichtige Rolle spielen, ganz zu schweigen von den Vorteilen für die Umwelt.
Analysten von Interact Analysis haben herausgefunden, dass der Weltmarkt für elektrifizierte Komponenten für Off-Highway-Fahrzeuge bis 2020 etwa 10 Milliarden Dollar betragen wird. Es wird erwartet, dass diese Zahl bis 2030 auf 25 Milliarden Dollar ansteigt, mit einer CAGR von 8 %, wobei der Gesamtumsatz zwischen 2019 und 2030 186 Milliarden Dollar erreichen wird. Der Gabelstaplermarkt, der in Bezug auf die Elektrifizierung bei weitem am reifsten ist, macht derzeit den grössten Teil des Umsatzes mit elektrifizierten Komponenten aus, aber das wird sich ändern, wenn neue elektrifizierte Technologien, die für andere Anwendungen wie Bagger und Traktoren geeignet sind, auf den Markt kommen.

Diagramm des prognostizierten Marktwachstums bis 2030 für elektrische Off-Highway-Komponenten von Interact Analysis
Abbildung 1: Marktwachstum elektrischer Komponenten für Off-Highway Fahrzeuge bis 2030

 

An dieser Stelle betrachten wir den Markt für elektrifizierte Komponenten, insbesondere DC-Schnellladeschnittstellen und Hochvoltverteiler (im Folgenden auch HVDU genannt).

UNCAR Hochspannungsverteilsystem FUSION 800M
Abbildung 2: Beispielbild für ein Hochvoltversteilsystem

 

Was ist ein Hochvoltverteilsystem?

Eine Hochvoltverteilsystem dient der Verteilung von Strömen und Spannungen innerhalb des Hochspannungsnetzes des Elektrifizierungsprojektes. Für den Bereich der E-Mobilität stellt das Produkt die Energie aus einer oder mehreren Energiequellen wie Batterien oder Ladegeräten zur Verfügung und verteilt diese an alle Verbraucher wie z.B. die Hauptkomponenten Batterie, Ladegerät, Wechselrichter, Motor und optional auch das Schnellladesystem. Je nach Art der Strombelastung werden die einzelnen Ein- und Ausgänge mit Sicherungen gegen Überstrom abgesichert.
Die Verteilung der Ströme kann aktiv oder passiv ausgeführt werden. Bei der passiven Verteilung werden die Ausgänge parallel geschaltet, während bei der aktiven Verteilung Schütze die Verteilung auf die Ausgänge steuern.
Schütze sind elektromechanische Schalter, die mithilfe einer Erregerspannung und einer eingebauten Spule geöffnet oder geschlossen werden. Diese werden verwendet, um Gleichspannungen mit hohen Strömen aus Sicherheitsgründen zu schalten, z. B. zum Schutz von Schnellladeanschlüssen.


Zusätzliche Funktionalitäten, die eine Hochvoltverteilung bieten könnte:

  • Schnellladeschnittstelle (Strom- und Spannungsmessungen)
  • Verriegelungsschaltung (sicherheitsrelevant)
  • Temperaturüberwachung (Leistungsbegrenzung)
  • Isolationsüberwachung (sicherheitsrelevant)
  • Aktive Entladung (sicherheitsrelevant)
  • Kurzschlussbügel, Zugriff auf Messspitzen, mit einer zusätzlichen Sicherheitsstufe (servicebezogen)

In Bezug auf die Sicherheit im Hochspannungsnetz müssen die folgenden Herausforderungen gemeistert werden:

  • EMV-Schutz
  • Vibrationen (z.B. vom Fahrzeug)
  • Temperaturbereich
  • IP-Schutz (Wasser und Staub)

Schlüsseltechnologien

Typische Einsatzgebiete für die hier besprochenen Hochvoltverteiler sind elektrifizierte Maschinen und Fahrzeuge mit erhöhten Anforderungen an Robustheit und Sicherheit, wie z.B. Schwerlast-, Nutz- und Kommunalfahrzeuge.
Da es sich bei der hier behandelten Hochvoltverteilung um ein Produkt mit einem Anwendungsbereich im Hochspannungsbereich bis zu 800 VDC und mehr liegt, sind besondere Kenntnisse im Umgang und Betrieb des Produkts erforderlich.

Wartungsfreundlichkeit

Das Fahrzeug soll möglichst schnell und sicher spannungsfrei geschaltet werden können, und dies möglichst ohne mechanischen Verschleiss. Zu diesem Zweck könnte ein HV-Schalter in die Hochvoltverteilung integriert werden, der die Verbraucherseite von der Batterieseite trennt.
Die beiden Seiten sind dann berührungsschutztechnisch im Produkt klar getrennt. Durch diese Massnahme kann die Verbraucherseite durch Betätigen des HV-Schalters sicher abgeschaltet werden, ohne dass die Batteriestecker entfernt werden müssen.
Sollen Servicearbeiten an der Batterie oder der Batterieverdrahtung durchgeführt werden, muss auch die Batterieseite abgeklemmt werden.
Die beiden Teile des HV-Systems (Verbraucher- und Batterieseite) sind klar getrennt und gekennzeichnet.

Überprüfung der Sicherheitsmassnahmen

Die Hochvoltverteilungen bilden eine wichtige Grundlage für die Sicherheit im Falle eines Überstroms - dies hat die wichtige Funktion, das Fahrzeug und den Fahrer erheblich zu schützen. Es ist daher sehr wichtig, die vom Hersteller angegebenen Kurzschlussströme, Nennwerte und Eigenschaften zu überprüfen und um eine Überlastung oder im schlimmsten Fall einen Brand unbedingt zu vermeiden.

Übersicht von Merkmalen einer Hochspannungsverteilsystems
Abbildung 3: Anwendung in einem Nutzfahrzeug. Sicherungswerte und Merkmale die in einem Hochvoltverteilsystem getestet werden müssen

 

Prüf- und Messschaltung

Der Nachweis der Kurzschlussfestigkeit wird mit der folgenden Messschaltung geprüft. Die zur Bewertung der Schaltgerätekombination erforderlichen Zuleitungen und Kurzschlussbrücken müssen eine ausreichende Kurzschlussfestigkeit aufweisen und so angeordnet sein, dass sie keine zusätzliche Belastung der Schaltgerätekombination darstellen.

Schema einer Prüf- und Messschaltung
Abbildung 4: Prüf- und Messschaltung

 

Testobjekt

Hochspannungsverteilsystem FUSION 800L auf dem Prüfstand
Abbildung 5: Ein Hochvoltverteilsystem auf dem Teststand

 

Testresultate

Die folgenden Tests zeigen, dass das Hochvoltverteilsystem mit den entsprechenden Sicherungen einem Kurzschluss mehrerer Batterien an allen Eingängen standhalten könnte.

Prüfergebnisse der Kurzschlussprüfung einer Hochspannungsverteilereinheit
Prüfergebnisse der Kurzschlussprüfung einer Hochspannungsverteilereinheit
Abbildung 6: Testresultate

 

Die Herausforderungen der Zukunft

Jedes Elektrifizierungsprojekt heute und in Zukunft benötigt eine Hochvoltverteilung. Dabei reicht das Spektrum von geringer Komplexität bis hin zu riesigen und sehr komplexen Integrationen. Benötigt werden kleine Anschlussdosen mit nur wenigen Sicherungen sowie hochintelligente Hochvoltverteiler mit aktiven und passiven Elementen für unterschiedliche Einsatzzwecke. Und weil die Märkte weiter stark wachsen werden, müssen die Fahrzeuge eine gute Lebensdauer und eine hohe Robustheit aufweisen, was unter anderem zu einem guten Ruf führen kann.

Das schnelle Wachstum der Märkte wird auch dazu führen, dass bestimmte Komponenten künftig günstiger verfügbar sein werden: In diesem Zusammenhang wäre beispielsweise eine günstigere Stromverteilung über Powerboard-Technologie für hohe Stückzahlen relevant.

In Zukunft wird es sicher auch intelligentere Sicherungen und Schaltelemente (Schützen) geben, die ihren Zustand an die Fahrzeugsteuerung zurückmelden. Dadurch können viele zusätzliche Funktionen in der HVDU abgebildet werden, um die Sicherheit weiter zu gewährleisten und die Kosten für den Betrieb von Elektrofahrzeugen weiter zu senken. Eine weitere Herausforderung ist die Kombination mit direkt in die Systeme integrierten DC-Lademöglichkeiten.

Fazit: Unser Fokus und Antrieb liegt immer auf dem technologischen Fortschritt – und damit auf der Effizienzsteigerung in der jeweiligen Anwendung, unabhängig vom eigenen Produktportfolio. „Wir werden im Bereich der intelligenten alternativen Antriebstechnologien bleiben, alle Produkte stets verbessern, vereinfachen und für maximale Sicherheit sorgen – und damit der grünen Wende weitere Impulse geben.“ - Stefan Schneider, Managing Director von SUNCAR

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